FAQ Sexuelle Orientierung

Coming Out und Identität

Beziehung und Sexualität

Gesundheit und Psyche

Lehre und Beratung

Szene und Community

Religion und Kultur

Homosexualität im Tierreich



Coming Out und Identität

Suchen Menschen es sich aus, lesbisch oder schwul zu sein?
Nein. Homosexuell und heterosexuell zu sein, ist keine Wahl, die man trifft; eine lesbische oder schwule Person kann nur entscheiden, wie sie/er mit ihrer/seiner Homosexualität umgeht, also etwa, ob sie/er anderen davon erzählt oder nicht. Wo die Liebe hinfällt, ist keine freie Entscheidung. Es passiert einfach und daran lässt sich nichts ändern.

Warum ist jemand lesbisch, schwul, bi- oder heterosexuell?
Bisher lässt sich die Frage, woran es liegt, dass Menschen unterschiedliche sexuelle Orientierungen haben, wissenschaftlich nicht beantworten. Der am häufigsten genannte Grund ist wahrscheinlich eine genetische Disposition. Doch niemand ist sich wirklich sicher. Es scheint, dass sexuelle Orientierung das Ergebnis einer komplexen Mischung aus biologischen, psychologischen, sozialen und kulturellen Faktoren ist. Hinterfragen Sie die obsessive Suche nach einem Grund für Homosexualität? Warum wird nicht nach einem Grund für Heterosexualität gefragt?

Sind Eltern schuld an der Homosexualität ihrer Kinder?
Nein. Homosexualität ist nichts Schlechtes und daher kann man nicht von Schuld sprechen. Und da Homosexualität keine Frage der Wahl ist, können Eltern keinen Einfluss auf die sexuelle Orientierung ihres Kindes haben. Sie können jedoch das Selbstbewusstsein ihrer Kinder stärken und ihnen dabei helfen, ihre homosexuellen Gefühle frei und offen zu leben. Das ist eine wichtige Unterstützung für junge Lesben und Schwule. Auch Kinder, die in lesbischen oder schwulen Beziehungen aufwachsen, werden nicht häufiger lesbisch oder schwul als Kinder aus anderen Familien.

Wie stellt ein Teenager fest, dass sie/er lesbisch, schwul oder bisexuell ist?
Die meisten Lesben, Schwulen und Bisexuellen stellen das auf die gleiche Weise fest, wie heterosexuelle Teenager feststellen, dass sie sich zum anderen Geschlecht hingezogen fühlen. Dieser Prozess beginnt bei vielen schon zu Beginn, selten vor der Pubertät, bei anderen erst viel später. Diese Gefühle dann auch anzuerkennen dauert oft ganz schön lange, vor allem dann, wenn man sie anfangs unterdrücken möchte.

Wie reagiert die Umwelt auf das Coming-Out einer Person?
Auf dieser Frage gibt es keine allgemein gültige Antwort, das ist individuell ganz verschieden. Wenn ein lesbisches Mädchen oder ein schwuler Junge denkt, dass man sich für seine Homosexualität schämen sollte - man spricht hier von „Homophobie" - rührt diese Einstellung wohl von ablehnenden Reaktionen seiner Umwelt her. Diese mag vielleicht tatsächlich im ersten Moment ablehnend reagieren. Geht eine Person locker mit ihrem Lesbisch- oder Schwulsein um und fühlt sich wohl, wird die Umgebung wahrscheinlich positiv reagieren. Obwohl es leider immer noch Eltern, Lehrerinnen, Lehrer, Freundinnen und Freunde gibt, die Homosexualität ablehnen, zeigt sich doch, dass die Reaktionen meistens viel positiver sind als junge Lesben und Schwule oft fürchten.

Wie ist zu verstehen, wenn z. B. ein junger Mann Sex mit Männern hat (bzw. eine Frau Sex mit Frauen), und sich dennoch als heterosexuell bezeichnet?
Sexuelle Orientierung setzt sich aus erotischer Anziehung, sexuellem Verhalten, sexuellen Fantasien, Verliebtheit, Selbstdefinition und sozialem Umgang zusammen. Diese Aspekte verhalten sich manchmal widersprüchlich zueinander. Es gibt Menschen, die sexuellen Umgang mit Personen ihres eigenen Geschlechts haben und die sich selbst nicht als homosexuell bezeichnen. Die Selbstdefinition der Person ist zu akzeptieren. Eine Selbstdefinition als Lesbe oder als Schwuler kann in einigen Kulturen bedeutungslos sein.

Beziehung und Sexualität

Wer übernimmt in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung den männlichen und wer den weiblichen Part?
Die Überzeugung, dass in lesbischen und schwulen Beziehungen eine „weibliche" und eine „männliche" Rolle vergeben werden muss, ist ein Klischee, das auf heterosexistischen Annahmen beruht. Weil es zwei Frauen oder Männer gibt, denen die Leute, dass eine/einer von ihnen in ein Rollenmodell des anderen Geschlechts passen muss. Bei einer lesbischen oder schwulen Beziehung ist die Tendenz, eine/einen der beiden in die traditionelle Rolle der Frau oder des Mannes zu pressen, nicht sinnvoll, um ihr Verhalten oder ihren Charakter zu beschreiben. Vielmehr sollte man akzeptieren, dass es auch Beziehungen zwischen zwei Frauen und zwischen zwei Männern gibt.

Sind heterosexuelle Beziehungen dauerhafter als Beziehungen zwischen zwei Frauen oder zwei Männern?
Beziehungen zwischen Frauen und Männern dauern lang oder kurz wie homosexuelle Beziehungen auch. Einige dauern nur einige Wochen, während andere viele Jahre oder sogar „für immer" Bestand haben. Der einzige Unterschied liegt darin, dass eine homosexuelle Beziehung kaum von der Gesellschaft und den Familien der Partnerinnen/Partner unterstütztwird. Diese mangelnde Akzeptanz und fehlende äußere Unterstützung machen es dem Paar schwerer, Probleme in ihrer Beziehung zu lösen.

Betrügen Lesben und Schwule ihre Partnerinnen und Partner häufiger als Heterosexuelle?
Wissenschaftliche Forschungen haben ergeben, dass die meisten Jugendlichen in einer stabilen Beziehung leben und am liebsten mit ihrem Partner alt werden möchten. In dieser Hinsicht unterscheiden sich Lesben, Schwule und Bisexuelle nicht von Heterosexuellen. Das Ideal der „ewigen Liebe" ist nicht einfach zu erreichen. Menschen bleiben heute nicht mehr so häufig mit einem Partner zusammen, „bis dass der Tod sie scheidet". Stattdessen wechseln sie ihre feste Partnerin/ihren festen Partner mehrmals. Forschern nennen dieses Verhalten „serielle" oder „sequenzielle Monogamie", unabhängig von der Sexualität der Personen.

Wie werden gleichgeschlechtliche Beziehungen diskriminiert?
Gleichgeschlechtliche Beziehungen werden in vielerlei Hinsicht diskriminiert. Sie werden durch Gesetze diskriminiert, da gleichgeschlechtliche Paare in den meisten Ländern rechtliche nicht anerkannt werden. Darauf ergeben sich viele Einschränkungen, etwa im Erbrecht, im Steuerrecht, im Mietrecht, im Eherecht und bei Besuchsrechten im Krankenhaus. Auch die Gesellschaft diskriminiert Lesben und Schwule, denn es gibt immer noch Menschen, die gleichgeschlechtliche Lebensformen geringer bewerten als heterosexuelle. Zusätzlich werden Lesben und Schwule oft ignoriert oder verschwiegen, wie beispielsweise in den meisten Schulbüchern.

Mögen alle Schwulen Analverkehr? Tut das weh?
Analverkehr wird nicht ausschließlich von Schwulen praktiziert. Es gibt auch Heterosexuelle und Lesben, die gerne Analverkehr haben. Die Analregion ist sehr empfindlich und kann Lust erzeugen, besonders bei Männern, wenn dabei die Prostata stimuliert wird. Es gibt viele schwule Männer, die überhaupt keinen Analverkehr mögen. Einige von ihnen probieren ihn ein paar Mal aus, um herauszufinden, ob sie dadurch stimuliert werden und bevorzugen später andere Praktiken. Analverkehr kann schmerzhaft sein, besonders wenn er ungestüm und ohne Einfühlungsvermögen ausgeführt wird. Dasselbe gilt im übrigen auch für Vaginalverkehr. Für den Analverkehr wird ein reißfestes Kondom und ausreichend wasserlösliches Gleitmittel empfohlen, um sich vor sexuelle übertragbaren Krankheiten zu schützen.

Gesundheit und Psyche

Soll ich schwule und bisexuelle Jungen über Geschlechtskrankheiten und HIV informieren?
Bei schwulen und bisexuellen Jungen kann das Risiko, sich mit HIV und Krankheiten, die durch Sexualkontakte übertragbar sind zu infizieren, höher sein. Bloße Informationen werden jedoch nicht ausreichen. Es ist besser, praktische Empfehlungen zu geben. Achten Sie darauf, auch wenn Sie über Prävention sprechen, die positiven und lustvollen Aspekte von Sexualität nicht zu vergessen. Es kann schwierig sein, Erfahrungen mit anderen jungen Schwulen und Bisexuellen auszutauschen, so dass junge Menschen oft alles für sich allein in Erfahrung bringen müssen. Jugendlichen sollten darüber nachdenken, was sie wirklich wollen: Es ist ihr gutes Recht, bestimmte sexuelle Praktiken (z. B. Analverkehr) auszuprobieren, um dann selbst zu entscheiden, ob sie sie mögen oder nicht. Die Grenzen jedes Menschen müssen respektiert werden.

Wenn sie eine bestimmte sexuelle Praxis ausprobieren, so ist es wichtig, dass sie ihrem Sexualpartner vertrauen können, um entspannt zu sein. Ermutigen Sie die Jugendlichen, geprüfte Markenkondome und viel fettfreies Gleitgel zu verwenden und informieren sie sie, dass man sich bei Oralverkehr ohne Kondom mit sexuell übertragbaren Krankheiten wie Chlamydien, Hepatitis, Syphilis oder Tripper anstecken kann. Sollte eine Jugendliche/ein Jugendlicher daran erkranken oder irgendein anderes gesundheitliches Problem haben, sollte sie/er so schnell wie möglich eine Ärztin/einen Arzt aufsuchen. Er/sie brauchen sich deswegen nicht zu schämen - Geschlechtskrankheiten lassen sich, meist schnell und unkompliziert behandeln.

Sind auch Lesben dem Risiko von HIV und Geschlechtskrankheiten ausgesetzt?
Obwohl die Gefahr einer Ansteckung bei lesbischen Frauen geringer ist, sollte sie trotzdem beachtet werden. Eine Übertragung von Frau zu Frau ist vor allem bei Oralverkehr während der Menstruation und der Verwendung von Sexspielzeugen möglich. Infektionen können aber auch von früheren heterosexuellen Kontakten herrühren. Vielen Lesben glauben fälschlicherweise, sich keinem Risiko auszusetzen. Sie neigen dazu, nicht zur Gynäkologin/zum Gynäkologen zu gehen und nachlässiger bei der Krebsvorsorge zu sein.

Was sind die emotionalen Auswirkungen einer verbalen Beleidigung?
Ein italienisches Sprichwort sagt: „Wörter verletzen mehr als Schwerter!" In der Praxis dienen verbale Beleidigungen dazu, sich über einen Teil der Identität einer Person lustig zu machen, diese Person zu hänseln oder zu kränken. Das kann Gefühle von Scham und Schuld auslösen und die Selbstachtung des beleidigten Opfers schwächen. Bei Homosexuellen beziehen sich verbale Beleidigungen oft auf ihre sexuelle Identität. Das kann dazu führen, dass der Prozess des Coming-Out erschwert wird. Wenn sich eine Lehrkraft von verbalen Beleidigungen unbeeindruckt zeigt, kann es sein, dass die Wortführerinnen/Wortführer glauben, sie dürften so weiter machen und andere schikanieren, während sich die Opfer schutzlos fühlen.

Ist es wahr, dass lesbische, schwule und bisexuelle Personen mehr psychologische Probleme haben als Heterosexuelle? Wenn ja, warum?
Lesben, Schwule und Bisexuelle sind nicht anfälliger für psychische Probleme als Heterosexuelle. Da sie jedoch üblicherweise in einer Umgebung leben, die ihre Identität oder ihre Lebensform nicht akzeptiert, machen sie häufiger psychosoziale Leiden durch. Lesben, Schwule und Bisexuelle, die in ihren eigenen Familien Diskriminierung erfahren, haben wahrscheinlich erhebliche Probleme mit der Stressbewältigung. Einige wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass die Selbstmordrate unter jungen Lesben und Schwulen daher zwei bis dreimal höher ist als bei gleichaltrigen Heterosexuellen.

Lehre und Beratung

Wie gehe ich mit einem Teenager um, der sich im Klassenraum outet?
Es kommt eher selten vor, dass sich Teenager in der Klasse outen. Hilfreich ist es in so einer Situation mit der Klasse so frei wie möglich darüber zu sprechen. Die betreffende Schülerin oder der betreffende Schüler sollte zuvor gefragt werden, ob sie/er damit einverstanden ist. Wenn Sie das Thema in der Klasse besprechen, beziehen Sie sich nicht direkt auf die Schülerin /den Schüler, die/der ihre/seine Homosexualität öffentlich gemacht hat, sondern bleiben Sie beim Thema allgemein. Eine Erweiterung des Wissens in der Klasse über Lesben, Schwule und Bisexuelle ist eine wesentliche Voraussetzung, um deren Ausgrenzung zu bekämpfen.

Was ist, wenn ein Teenager mich fragt, ob sie/er lesbisch oder schwul ist? Gibt es Anzeichen dafür?
Lesbische Frauen und schwule Männer sind genauso unterschiedlich wie heterosexuelle Frauen und Männer auch. Homosexualität lässt sich nicht aus physischen oder persönlichen Erkenntnissen ablesen. Die Beraterin/der Berater sollte den Teenager fragen, was sie/er fühlt und denkt, sodass sie/er ohne ein Urteil oder bereits vorgefertigte Antworten Unterstützung erfährt. Es kann außerdem nützlich sein, zu fragen, ob sie/er Angst hat, homosexuell zu sein, und wenn dies der Fall ist, wodurch diese Angst ausgelöst wird.

Wie gehe ich mit gegensätzlichen Ansichten über Verschiedenheit in meiner Klasse/Gruppe um?
Nehmen Sie solche unterschiedlichen Meinungen als willkommenen Anlass für Diskussionen. Die Grundregel ist: „Alle Meinungen sind gültig, solange sie mit Respekt vor anderen geäußert und in seriöser Weise argumentiert werden". Fordern Sie die Jugendlichen auf, ihre Ansichten zu erforschen und erklären bzw. fördern Sie das Interesse an anderen Sichtweisen.

Wie gehe ich mit Eltern um, die erwarten, dass die Schule die von ihnen bevorzugte Lebensform vertritt?
Sie sollten Eltern erklären, dass es Aufgabe der Schule ist, allen Jugendlichen Respekt im Umgang miteinander zu vermitteln. Das beinhaltet auch den Umgang mit Vielfalt. Fragen Sie die Eltern, wie sie ihren Kindern Respekt beibringen und erklären Sie im Gegenzug den Eltern Ihre Methoden und Ihre Unterrichtsziele.

Eine Schülerin/ein Schüler von mir, von der/dem ich vermute, dass sie/er homosexuell ist, durchläuft zurzeit eine schwierige Phase, spricht mit mir aber nicht darüber. Ich glaube, dass sie/er sich nicht selbst so akzeptieren kann, wie sie/er ist. Kann ich sie/ihn an eine Psychologin/einen Psychologen verweisen?
Ab und zu können unscheinbare Handlungen viel in einer Schülerin/einem Schüler auslösen und sehr hilfreich sein. In manchen Fällen kann eine verständnisvolle Lehrkraft sogar hilfreicher sein als professionelle psychologische Beratung. Die Lehrkraft kann auch das Thema Homosexualität während des Unterrichts aufgreifen, wenn Sie zum Beispiel die Literatur einer lesbischen Autorin oder eines schwulen Autors präsentiert, um so auf einem indirekten Weg eine positive Einstellung zur Homosexualität zu zeigen. Homosexuelle Jugendliche werden zweifelsohne die Botschaft verstehen und sich selbst sicherer fühlen. „Agressive" Beratung oder Vermittlungsversuche sollten Sie allerdings unterlassen.

Wie kann ich es vermeiden, gewisse Lebensformen zu verurteilen, die ich persönlich missbillige?
In den meisten Situationen urteilen wir über andere Lebensformen, da wir uns nicht vorstellen können, was sich tatsächlich dahinter verbirgt. Beachten Sie, dass Sie sich anderen Lebensformen nicht anpassen müssen, und machen Sie sich klar, dass einige Leute Ihre Lebensweise ebenso seltsam finden können. Es ist vollkommen natürlich, dass Sie eine Lebensform der anderen vorziehen und dass für Sie nicht alle möglichen Lebensformen gleichwertig sind. Machen Sie sich bewusst, dass Ihre Haltung gegenüber Lebensweisen nur mit Ihrem eigenen Leben vereinbart ist, und dass die Dinge für jemand anderen vollkommen anders aussehen können. Sie müssen homosexuelle Paare nicht „toll" finden, aber Akzeptanz und Toleranz gehören zu den grundlegenden Voraussetzungen unseres Zusammenlebens.

Wie soll ich mit religiösen Vorurteilen in meiner Klasse umgehen?
Erklären Sie, dass es eine breite Vielfalt religiöser Einstellungen gibt, von fundamentalistischen bis zu liberalen Glaubenshaltungen, von religiösen und kulturellen Vorschriften. Beginnen Sie eine Diskussion über Vielfalt in der Gruppe. Fördern Sie den respektvollen Umgang der Jugendlichen untereinander und ermutigen Sie zu eigenen Überlegungen und zu offenem Dialog.

Wie kann ich erkennen, ob das Mädchen oder Junge, das/der vor mir steht, lesbisch/schwul ist?
Grundsätzlich kann man das nicht. Eine der Eigenschaften von Homosexualität ist die, dass sie nicht offensichtlich ist, und die Person, die Ihnen gegenüber steht, kann sie verstecken. Deshalb ist es besonders wichtig eine offene Einstellung zu zeigen, Fragen zu stellen und einen Raum zu schaffen, in welchem über sexuelle Identität oder Sexualität gesprochen werden kann.

Sollte ich die Familie ins Gespräch einbinden?
Das hängt sehr davon ab, wie wichtig die Familie im Leben des Mädchen/Jungen ist und wie stark die Akzeptanz oder Ablehnung innerhalb der Familie ist. Fragen Sie, ob sie/er dazu etwas sagen möchte. Die Familie ist ein wichtiges soziales Umfeld, aber auch ein verletzbares. Auf jeden Fall müssen Sie mit dem Jungen/Mädchen ein Hinzuziehen der Familie absprechen.

Szene und Community

Warum schaffen sich Lesben und Schwule ihre eigenen Viertel?
Schon vom frühen Kindesalter an werden junge Lesben, Schwule und Bisexuelle als Heterosexuelle erzogen, und sie erleben, dass homosexuelle Gefühle und Beziehungen in unserer Gesellschaft nur eine geringe Wertschätzung erfahren. Um ihre eigene Identität und ihr eigenes Selbstwertgefühl zu entwickeln, benötigen sie daher Freiräume, in denen sie keinen unangenehmen Blicken oder Beleidigungen ausgesetzt sind. In den vergangenen 30 Jahren hat sich die Zahl dieser Freiräume erhöht. Heute kann sich eine Lesbe oder ein Schwuler in den meisten Großstädten ausschließlich in der lesbisch-schwulen Szene bewegen, ohne diese je verlassen zu müssen. Es gibt Geschäfte, Bars, Diskotheken, Fußballvereine und sogar Angebote, die sich ausschließlich an eine lesbische und schwule Kundschaft oder Klientel richten. Für jemanden, der mit dieser Szene nicht vertraut ist, kann dies den Eindruck einer ghettoisierten Lebensweise vermitteln. Natürlich ist die lesbische und schwule Community kein Ghetto, wird aber oft als ein solches missverstanden, da wir alle in einer Gesellschaft leben, in der die heterosexuelle Norm vorherrscht (siehe auch das Werkzeug „Schöne lesbische und schwule Welt").

Welche historischen Persönlichkeiten waren homo- oder bisexuell?
Viele. Um nur ein paar zu nennen: Sappho, Sokrates, Platon, Alexander der Große, Aristoteles, König David und Jonathan von Israel, die römischen Kaiser Hadrian, Trajan und Heliogabal, Richard I. Löwenherz von England, Erasmus von Rotterdam, Montezuma II der Azteken, Edward II. von England, Heinrich III., König von Frankreich und Polen, James I. von England, Ludwig XIII. von Frankreich, Karl XII. von Schweden, der russische Zar Peter I., Preußenkönig Friedrich II., Christian II. von Dänemark, Wilhelm III. von Holland und spätere König von England, Zar Alexander I., Bayernkönig Ludwig II und der letzte Kaiser von China Pu Yi. Trotzdem ist es in den meisten dieser Fällen historisch nicht sehr von Bedeutung, dass sie homo- oder bisexuell waren, in dem Sinne, dass ihre homosexuellen Gefühle oder Beziehungen den Lauf der Geschichte verändert hätten. Aber immer noch sind solche Persönlichkeiten für viele Lesben, Schwule und Bisexuelle wichtige Vorbilder.

Lesbische Liebe wurde selten historisch dokumentiert. Dies mag daran liegen, dass die Rolle der Frau allgemein erst in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung gewonnen hat.

Was geschah in der Christoper Street?
Ein wichtiger historischer Wendepunkt für die Lesben- und Schwulenbewegung im Jahre 1969 war der Ausbruch des Aufstands im Stonewall Inn, einer Bar für Lesben, Schwule und Transvestiten in der Christopher Street in New York City. Dies war der erste Fall organisierten Widerstands von Homosexuellen gegen die andauernde Schikane und Razzien durch die Polizei. In der Bar gab es regelmäßige Razzien und die Betreiber wurden von der Polizei beschimpft und festgenommen. Die Polizei gab die Namen der Verhafteten oft an Familien und Arbeitgeber weiter, was dazu führte, dass die Menschen sozialer Ächtung ausgesetzt waren und ihre Jobs verloren. Während einer Razzia im Juni 1969 schlug der Betreiber der Gaststätte einen Polizeibeamten nieder. Am nächsten Tag organisierte die Schwulenbewegung in New York eine Demonstration, die in einem Straßenkampf mit der Polizei endete und zu weiteren Razzien und Kämpfen führte, die mehrere Tage andauerten. Dieses Ereignis wird in vielen Ländern mit einer jährlichen lesbisch-schwulen Parade gefeiert, die im deutschsprachigen Raum häufig „Christopher Street Day", kurz CSD, oder „Regenbogenparade" genannt wird. Es ist zu bedauern, dass viele Menschen vergessen haben, dass der erste Widerstand von Transvestiten ausging, von denen einige schwarz waren.

Religion und Kultur

Wie steht die christliche Kirche zu Homosexualität?
In vielen Religionsgemeinschaften wird offen über gleichgeschlechtliche Liebe diskutiert. Und viele Theologen halten Homosexualität keineswegs mehr für Sünde. Die katholische Amtskirche hingegen hält an ihrer Ablehnung von Homosexualität fest. Allerdings betont selbst der Vatikan - vielleicht etwas scheinheilig - es sei „nachdrücklich zu bedauern, dass homosexuelle Personen Objekt übler Nachrede und gewalttätiger Aktionen waren und weiterhin noch sind." Die homosexuelle Veranlagung selbst wird zwar nicht als sündhaft angesehen, wohl aber das homosexuelle Verhalten. In den Evangelischen Kirchen ist die Diskussion viel weiter. Zwar gibt es auch dort noch Stimmen, die Homosexualität als Verstoß gegen „Gottes Wort" betrachten. Die Tendenz geht aber in eine andere Richtung. Die Evangelische Kirche im Rheinland hat beschlossen, „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Pfarrerinnen und Pfarrer wegen ihrer Homosexualität nicht zu benachteiligen". Die Synode der Evangelischen Kirche von Westfalen formulierte es als „Aufgabe der Kirche" dazu „beizutragen, dass Lesben und Schwule ihre besondere Prägung ohne Furcht öffentlich machen können und dass homosexuelle Beziehungen nicht versteckt werden müssen." Zu den fortschrittlichen Landeskirchen gehört auch die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg, die sich „entschieden" gegen die „verbreitete Diskriminierung" von Schwulen und Lesben wendet und die Segnung von eingetragenen Lebenspartnerschaften ermöglicht hat.

Wie steht der Islam zu Homosexualität?
Im Islam gibt es noch keine vergleichbare theologische Diskussion über Homosexualität. Die konventionelle islamische Bewertung von Sexualität geht von einem klaren Machtverhältnis zwischen den Geschlechtern aus: männliche Dominanz und weibliche Unterordnung. Sexualität darf nur in der Ehe stattfinden, Homosexualität gilt in der orthodoxen Koran-Auslegung als große Sünde, als Verstoß gegen die göttliche Ordnung. Der persönliche Glaube sieht das oft anders. Viele Muslime verstehen den Islam als eine tolerante Religion. Der individuelle Gott kann gnädiger sein, als mancher Imam verkündet. In einer Radiosendung drückte das ein junger Schwuler türkischer Herkunft so aus: „Also ich weiß, dass der Islam sehr tolerant ist und ich denke mir, dass da auch ein Platz für Schwule sein kann."

Was sagt die Bibel zu Homosexualität?
Eine Antwort hieraus hängt zweifelsohne von der eingenommenen Lesart ab und damit von dem Verständnis biblischer Überlieferung. Zwei Lesarten der Bibel haben sich herausgebildet. Die historisch-kritische Lesart versucht die biblische Überlieferung aus ihrem zeitlichen, kulturellen und religiösen Umfeld heraus zu verstehen. So werden heute nicht alle Verbote und Gebote der biblischen Überlieferung als relevant erachtet, z.B. das Verbot, gemischtfasrige Stoffe zu tragen (Les 19, 19) oder diverse Opfergebote. Diese historischkritische Schule erkennt an, dass die Israeliten sich von fremden religiösen Kulturen distanzierten und alles, was damit zusammenhing, verboten haben. Aus dieser Perspektive heraus erscheinen viele der Bibelstellen, die gegen eine gelebte Homosexualität angeführt werden, in einem anderen Licht. Die andere Lesart ist eine fundamentalistische und nimmt jedes Wort der Bibel „buchstäblich". Jedoch wird diesem Anspruch nicht immer konsequent gefolgt, sondern nur in jenen Fällen, die ideologisch genehm sind bzw. ein konservatives Weltbild stützen. Unabhängig von der Lesart bleibt kritisch anzumerken, dass es grundsätzlich problematisch ist, die oben gestellte Frage an die Bibel heranzutragen, weil der Begriff der Homosexualität und sein Inhalt neuzeitlich sind. Das Wissen um eine die Persönlichkeit konstituierende und umfassende sexuelle Prägung war in biblischer Zeit noch nicht vorhanden.
Zwei Stellen die häufig in diesem Kontext zitiert werden, sind in kirchlicher Tradition lange falsch interpretiert worden. Die Geschichte von Sodom im Buch Genesis hat die unverzeihliche Verletzung des Gastrechts und die Bereitschaft zu inhumaner Gewalt zum Thema und nicht eine konstitutionell homosexuelle Veranlagung sämtlicher Einwohner: es handelt sich um die „Sünde der Fremdenfeindlichkeit". Auch die Textstellen des Paulus können heute nicht mehr für gleichgeschlechtlich Liebende geltend gemacht werden (1. Kor 6,9-11; Röm 1,26-27). Vielmehr war für Paulus Humanität und Respekt vor dem Einzelnen und Hinwendung zu dem allgemeinen Heilswillen Gottes das Entscheidende.

Was sagt der Koran zu Homosexualität?
Entgegen landläufiger Meinungen ist der Koran kein Gesetzbuch. Im „Heiligen Buch" gibt es auch kein Wort für „Homosexualität" und auch keinen Begriff für Männer oder Frauen, die gleichgeschlechtlich fühlen oder handeln. Dennoch besteht bei vielen muslimischen Gelehrten und auch Laien die feste Überzeugung, dass der Koran Homosexualität eindeutig verurteile und verbiete. Hierzu wird oft die feste Überzeugung von Lot (arabisch: Lut) und seinem Volk zitiert, die auch als Geschichte von Sodom in der Bibel vorkommt. Der Korantext spricht jedoch nicht explizit von Sex und auch nicht von Homosexualität, Knabenliebe oder Analverkehr. Sex wird höchstens angedeutet. Bei den beschuldigten Männern handelt es sich zudem um verheiratete Männer, die nicht mit schwul oder lesbisch lebenden Menschen im heutigen Sinne verglichen werden können. Wie bereits zur Geschichte von Sodom in der Bibel bemerkt wurde, gilt es auch im Koran zu beachten, dass es in der Erzählung von Lot um Übergriffe und Vergewaltigung, um Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Verletzung des Gastrechts geht und nicht um Analverkehr. Das Thema der Geschichte kann also nicht auf die Verurteilung homosexuell liebender Männer und erst recht nicht auf Frauen geschlossen werden.

Ist es möglich, eine Religion auszuüben und gleichzeitig offen lesbisch oder schwul zu leben?
Ja, das ist möglich. Viele Lesben, Schwule und Bisexuelle können ein glückliches Privatleben mit einer gelassenen Beziehung zu ihrer Religion vereinbaren. Manchen haben sich sogar besonders progressivem Kirchen oder Gruppen angeschlossen, etwa einigen protestantischen Kirchen und jüdischen Reformgemeinden. Manchmal führen diese Kirchen Partnerschaftssegnungen für lesbische und schwule Paare durch oder haben sogar lesbische/schwule Geistliche. Es gibt auch weltliche lesbisch-schwule Organisationen, die sich mit der Vereinbarkeit von Homosexualität und Religion beschäftigen.

Ab und zu höre ich, wie sich meine arabischen Schüler gegenseitig als „Zamel" bezeichnen. Das scheint eine Beleidigung auf sexueller Basis zu sein. Was bedeutet das Wort?
Sie haben Recht. „Zamel" ist ein beleidigendes Wort für einen Mann, der die „passive" Rolle beim Sex mit einem anderen Mann einnimmt. Der Begriff bezieht sich auf die Sünde des „Liwati" und bedeutet, dass sich jemand passiv dem Analverkehr hingibt. Im Türkischen gibt es dafür die Bezeichnung „ibne". In vielen Kulturen gilt es als beschämend für einen Mann, wenn er seinen Körper „passiv" für den Analverkehr zur Verfügung stellt. Dies gilt jedoch nicht für den Mann, der die „aktive Rolle" einnimmt. In muslimischen Kulturen gibt es das Konzept einer gleichberechtigten Beziehung zwischen Männern nicht, sodass ungebildete Personen "Liwat" mit „Homosexualität" gleichsetzen und „zamel" mit „homosexuell". Es ist eine sehr fein abgestimmte Diskussion über Definition und unterschiedliche kulturelle Werte erforderlich, um kulturübergreifende Meinungen über gleichgeschlechtliche Beziehungen und Sexualität zu erklären und zu erforschen.

Wie gehe ich mit den religiösen Überzeugungen der Eltern um?
Erklären Sie ihnen, dass die Schule die Aufgabe hat, einen Überblick über religiöse Sichtweisen zu geben und den gegenseitigen Respekt und das gegenseitige Verständnis unter den Schülerinnen und Schülerin anzuregen. Erklären Sie ihnen, dass Sie den jungen Menschen dabei helfen, ihre eigene persönliche Beziehung zu Gott, Allah oder ihrer Kirche zu definieren und dass Sie die jungen Leute dazu ermuntern, mit ihren Eltern zu diskutieren. Bitten Sie die Eltern um Vorschläge, wie Sie ihrer Meinung nach mit Themen wie Religion, Vielfalt und Respekt im Unterricht mit ihren Töchtern und Söhnen umgehen sollen.

Homosexualität im Tierreich

Ist es wahr, dass homosexuelle Verhaltensweisen auch in der Tierwelt vorkommen?
Homosexuelle Verhaltensweisen lassen sich bei mehr als 470 Tierarten beobachten: bei Schimpansen, Delfinen, Schwalben, Schmetterlingen, Amphibien, Reptilien, Fischen und Haustieren wie Rindern, Schafen, Schweinen, Hasen, Pferden, Katzen und Hunden. Es ist interessant, dass auch die Sexualität unter Tieren nicht nur der Fortpflanzung dient, sondern auch soziale Funktionen haben kann. Viele Tiere sind auch außerhalb der Paarungszeit sexuell aktiv und in der Lage, Lust beim Sex zu empfinden. Affen (z. B. die Bonobos) etwa zeigen verschiedene Typen sexueller Praktiken, einschließlich Fellatio. Männliche schwarze Schwanenpaare sind sehr erfolgreich in der Aufzucht der nächsten Generation. Im Sommer verbringen Killerwale zehn Prozent ihrer Zeit mit homosexuellen Aktivitäten. Dreizehn Echsenarten im Südwesten Amerikas bilden ausschließlich weibliche Populationen.